Virtu­elle Team­ar­beit in Zeiten von Corona: Vier Impulse für Führungs­kräfte

19. März 2020 von Albert Eckert

Das öffent­li­che Leben verlang­samt sich drama­tisch – aktu­elle Meldun­gen zu Covid-19 über­schla­gen sich: für manche eine hekti­sche Zeit, in der Kinder­be­treu­ung und Arbeit zugleich gere­gelt werden müssen; für andere eine gute Gele­gen­heit, inne­zu­hal­ten und nach­zu­den­ken. Viele machen sich nun Gedan­ken über das Funk­tio­nie­ren unse­res Gemein­we­sens, sorgen sich um Ange­hö­rige und fragen nach dem Sinn unse­rer sonst so atem­lo­sen Geschäf­tig­keit. Viel­leicht bietet der neuar­tige Virus eine Chance, effek­tive Infek­ti­ons­pro­phy­laxe für die Zukunft zu erler­nen, verläss­li­che Bindun­gen enger zu gestal­ten und – damit sind wir beim Thema dieses Blog­bei­trags – elek­tro­ni­sche Kommu­ni­ka­ti­ons­mit­tel in der Arbeits­welt noch besser zu nutzen.

Impuls 1: Virtu­elle Team­mee­tings gestal­ten

Bitte stop­pen Sie jetzt nicht Ihre Meetings! Verle­gen Sie sie in den virtu­el­len Raum, sei es als Video-Konfe­renz oder wenigs­tens als Tele­fon­kon­fe­renz. Von Führungs­kräf­ten und Unter­neh­mens­lei­tun­gen wird gerade in Krisen­zei­ten Präsenz erwar­tet, und sei es virtu­ell! Kümmern Sie sich um Ihre Mitarbeiter*innen. Dabei geht es nicht etwa vorran­gig um das Senden von Beru­hi­gungs­bot­schaf­ten, sondern darum, zuzu­hö­ren und den Austausch unter­ein­an­der zu ermög­li­chen. Vermei­den Sie unstruk­tu­rier­tes Reden über das Virus, sondern schaf­fen Sie Klar­heit in einer krisen­haf­ten Zeit. Gerne teilen wir Ideen, wie Sie Team-Meetings (20−60 Minu­ten) in der aktu­el­len Situa­tion sinn­voll gestal­ten können.

Tipps für die Vorbe­rei­tung virtu­el­ler Meetings:

  • Zeit­fens­ter: Wann waren die übli­chen Zeiten Ihrer Team­mee­tings? BeFoto mit einer Frau die in einem Tisch vor einem Fenster sitzt, auf Ihrem Laptop etwas schreibt   rufen Sie das erste Meeting in diesem Zeit­fens­ter ein. Planen Sie eine kurze Abfrage, ob dieses Zeit­fens­ter (für manche mit der Doppel­be­las­tung von Fami­lie und Beruf) noch sinn­voll ist.
  • Rollen­klar­heit: Wer lädt zum Meeting ein? Wer mode­riert? Wer unter­stützt – z.B. durch die Visua­li­sie­rung von Kern­ge­dan­ken? Klären Sie vorab, wer was wie proto­kol­liert; das sollte nicht erst zu Beginn des Meetings disku­tiert werden.
  • Tages­ord­nung: Lassen Sie die Mode­ra­tion eine Tages­ord­nung mit (etwa­igen) Minu­ten­an­ga­ben pro Tages­ord­nungs­punkt erstel­len. Bieten Sie dabei Ihre Unter­stüt­zung an oder über­neh­men Sie die Aufgabe selbst, sollte dies noch nicht im Team gemacht worden sein. Schi­cken Sie die Tages­ord­nung vorab ins Team, um zu ergän­zende Punkte vor dem Meeting an die Mode­ra­tion heran­zu­tra­gen.
  • Neti­quette: Hinweise zum digi­ta­len Kommu­ni­ka­ti­ons­ver­hal­ten können helfen. Stel­len Sie diese gemein­sam mit der Mode­ra­tion zusam­men: Bitten Sie alle, zu Beginn ihres Rede­bei­trags kurz ihren Namen zu nennen und um Einhal­tung der übli­chen Neti­quette (ausre­den lassen, akti­ves Zuhö­ren, konstruk­tive Kritik, freund­li­ches Nach­fra­gen bei Unver­ständ­nis).
  • Größe des Meetings: Bilden Sie möglichst kleine Teams für Ihre virtu­el­len Meetings mit bis zu zehn Teil­neh­men­den, sonst werden die Bespre­chun­gen beson­ders schnell ermü­dend.
  • Tech­nik: Machen Sie sich mit dem Gebrauch der Tech­nik vertraut und testen Sie diese vorher. Prüfen Sie noch einmal: Wo können sich Teil­neh­mende stumm schal­ten? Wie können sie sich melden? Wie können Sie ggf. kleine Grup­pen­räume einstel­len? Wie können Sie Ihren Bild­schirm teilen, und wie können Sie die Mode­ra­tion an jemand ande­res abge­ben?
  • Anlei­tung: Schi­cken Sie ggf. eine Anlei­tung für die Nutzung des Tools in Ihr Team. Bitten Sie alle Team­mit­glie­der, sich fünf Minu­ten vor Beginn des ersten Team­mee­tings einzu­log­gen, um das tech­ni­sche Setup zu prüfen. Stel­len Sie sicher, dass es eine Ansprech­per­son für tech­ni­sche Fragen aus dem Team gibt.

Tipps für die Durch­füh­rung virtu­el­ler Meetings

Sorgen Sie für eine struk­tu­rie­rende Mode­ra­tion, die darauf achtet, alle zu betei­li­gen; achten Sie auf gutes Zeit­ma­nage­ment und brem­sen Sie Vielredner*innen. Die ande­ren werden es Ihnen danken.

Für die Abfolge Ihres Meetings bietet sich folgende Glie­de­rung an:

  1. Begrü­ßung durch die Mode­ra­tion, falls notwen­dig tech­ni­sche Hinweise (vor allem „Stumm­schal­tung“) und ggf. Kommu­ni­ka­ti­ons­hin­weise; Vorstellung/Änderung/Ergänzung der vorab versand­ten Agenda.
  2. Check-in zum Ankom­men in der Runde: Wie geht es mir? Wie klappt es mit meinem Tandem (siehe Impuls 2)? Was bedeu­tet Corona gerade für mich persön­lich? Wie ist meine Fami­lie versorgt? Führungs­kräfte soll­ten hier gut zuhö­ren und even­tu­el­len Unter­stüt­zungs­be­darf wahr­neh­men!
  3. Update zu Corona und den Auswir­kun­gen auf die Orga­ni­sa­tion: Was hat die Unter­neh­mens­lei­tung beschlos­sen oder mitge­teilt? Welche neuen Entwick­lun­gen gibt es?
  4. Corona und unser Team: Welche Auswir­kun­gen müssen wir beden­ken? Worauf müssen wir reagie­ren oder uns vorbe­rei­ten? Wo können wir gerade jetzt aktiv werden?
  5. Aktu­elle Aufga­ben und Projekte (verschie­dene Punkte aus dem Team, evtl. Kurz­be­richte reihum)…
  6. Zusam­men­fas­sung: Welche Verein­ba­run­gen haben wir getrof­fen? Welche Fragen sind offen geblie­ben und werden von wem bis wann beant­wor­tet?
  7. Termine: Was steht in nächs­ter Zeit an?
  8. Falls notwen­dig: Rollen­klä­rung für das nächste virtu­elle Tref­fen (Einla­dung, Mode­ra­tion, Zeit­fens­ter, Proto­koll,…)
  9. Verab­schie­dung, idea­ler­weise mit Check-out: Wie geht es mir nach diesem Tref­fen? Was können wir beim nächs­ten virtu­el­len Meeting noch besser machen?

Eine solche Tages­ord­nung stellt sicher, dass zumin­dest beim Check-in alle gehört werden und nicht bloß Einzelne spre­chen. Behal­ten Sie deshalb das Check-in in jedem Fall bei. Je selte­ner man sich persön­lich trifft, umso wich­ti­ger sind solche klei­nen Runden, in denen man sich gegen­sei­tig darüber auf den Stand bringt, wie es einem geht. Natür­lich kann eine solche Einstiegs-Runde mit mehr als zehn Betei­lig­ten auch schnell lang­at­mig werden. Achten Sie deshalb auf möglichst kleine Meetings.

Soll­ten Sie längere Team­mee­tings planen, denken Sie in jedem Fall an Pausen. Nach 90 Minu­ten brummt der Kopf und es braucht eine Bio-Pause.

Tipps für die Nach­be­rei­tung virtu­el­ler Meetings

Sorgen Sie für einen zügi­gen Versand des Proto­kolls, gern bereits mit Einla­dung und Rollen­auf­tei­lung für das nächste virtu­elle Meeting. Ein kurzer aber umso wich­ti­ge­rer Hinweis: Ein Proto­koll sollte ein stich­wort­ar­ti­ges Doku­ment sein, das die getrof­fe­nen Verein­ba­run­gen, Fragen und nächs­ten Schritte fest­hält – zum Beispiel in Tabel­len­form. Außer­dem kann es hilf­reich sein, fest­zu­hal­ten, wer an dem Meeting teil­ge­nom­men hat. Aus der prak­ti­schen Erfah­rung wissen wir: Ein umfang­rei­cher Fließ­text oder eine detail­lierte Mitschrift werden weder im Nach­gang gele­sen, noch beugen sie Miss­ver­ständ­nis­sen vor. Hier gilt: In der Kürze liegt die Würze!

Impuls 2: Infor­mell in Kontakt blei­ben in Zeiten von remote work

Foto mit einer Tasse Kaffee und daneben steht ein Laptop

Zwischen den Team-Meetings braucht es eben­falls Austausch, beson­ders wenn Ihre Mitarbeiter*innen nur noch vom Home Office aus arbei­ten. Sorgen Sie dafür, dass Ihre Mitarbeiter*innen täglich mindes­tens einen Anruf erhal­ten, sei es von der Führungs­kraft oder von Kolleg*innen. Eine gute Möglich­keit besteht darin, Tandems auf Zeit (zum Beispiel für zwei Wochen) zu bilden, die sich gegen­sei­tig täglich zu einer bestimm­ten Uhrzeit anru­fen. Diese „Buddies“ müssen ansons­ten nicht täglich zusam­men­ar­bei­ten, sondern können quer im Unter­neh­men zusam­men­ge­stellt oder zusam­men­ge­lost werden.

Solche „Dates“ brin­gen wich­tige Abwechs­lung. Die persön­li­chen Kontakte werden derzeit stark redu­ziert, das braucht für die virtu­el­len nicht zu gelten! Ermun­tern Sie Ihre Mitarbeiter*innen ruhig zu virtu­el­len Entde­ckungs­rei­sen, zu Anru­fen und Mails außer­halb des Gewohn­ten. Kontakte, die jetzt virtu­ell geknüpft werden, können später bedeut­sam werden. In vielen Orga­ni­sa­tio­nen trifft man sich nun zum virtu­el­len „Kaffee- oder Teetrin­ken.“ Während sich die Kolleg*innen daheim tatsäch­lich ein warmes Getränk zube­rei­ten, wird einfach kurz mitein­an­der tele­fo­niert. Hier kann es um die ganz simp­len Fragen gehen: „Woran arbei­test du gerade? Wie geht es dir gerade tatsäch­lich? Was fordert dich gerade heraus?“ Geben Sie hier gern eine Reihe von Fragen an die Hand und weisen Sie noch­mals darauf hin, dass beide Gesprächspartner*innen Gele­gen­heit zum Sprechen/Zuhören haben soll­ten.

Um infor­mel­len Austausch im Team weiter­hin aufrecht zu erhal­ten, haben wir bei denk­mo­dell beispiels­weise einen Team-Chat, in dem wir Bilder von unse­ren Home-Offices oder kleine Inspi­ra­tio­nen für Zwischen­durch teilen. Das trägt zum Team­ge­fühl bei – über die Bild­schirm­gren­zen hinaus.

Impuls 3: Klar­heit und Empa­thie im münd­li­chen und schrift­li­chen Austausch

Foto mit einem Mann der die Zunge raus streckt

Als Führungs­kraft ist es außer­dem wich­tig, auch remote erreich­bar zu blei­ben. Schaf­fen Sie unbe­dingt Klar­heit darüber, in welchen Zeit­räu­men Sie erreich­bar sind und wann man von Ihnen keine Antwort erwar­ten darf. Versu­chen Sie diese Klar­heit für Ihr gesam­tes Team herzu­stel­len (ggf. erge­ben sich durch Familie/Beruf teil­weise andere Zeit­slots). Spre­chen Sie mit jedem*r Mitarbeiter*in mindes­tens 1x pro Woche persön­lich oder in einem klei­nen Team-Meeting (max. 4 Perso­nen). Für diese Meetings ist ein geschütz­ter Raum wich­tig. Hier eignen sich Fragen wie „Wo klemmt es im Moment? Was brauchst du jetzt von mir? Wie kann ich dich unter­stüt­zen?“

Auch in der schrift­li­chen Kommu­ni­ka­tion braucht es viel Klar­heit und Empa­thie. Denken Sie beim Formu­lie­ren von Mails daran: So freund­lich wie möglich! Ein Groß­teil unse­rer Kommu­ni­ka­tion wird über Mimik, Gestik und Tonlage trans­por­tiert. Das fällt bei der rein schrift­li­chen Kommu­ni­ka­tion weg. Der Ton macht also die Musik – und die Musik kann schnell rauer klin­gen, als eigent­lich gemeint. Daher: Lesen Sie in Zeiten von Stress und Druck lieber zwei­mal über eine schnell getippte Mail. Und verzich­ten Sie auf passiv-aggres­sive Formu­lie­run­gen wie „Wie in meiner letz­ten Mail schon gefragt, …“.

Sollte doch mal eine Span­nung auftre­ten, warten Sie nicht darauf, bis Sie sich wieder persön­lich tref­fen können. Verein­ba­ren Sie einen Termin zum konstruk­ti­ven Gespräch mit den Betrof­fe­nen. Lesen Sie vorher noch diese Hinweise zum digi­ta­len Strei­ten.

Impuls 4: Neue Chan­cen erken­nen & wahr­neh­men

Über­haupt bietet der Verzicht auf die übli­che Betrieb­sam­keit aller­hand Chan­cen, wirk­lich Wich­ti­ges zu tun:

  • Endlich mal die Ablage aufräu­men, die elek­tro­ni­sche Akten­ver­wal­tung à jour brin­gen
  • Konzepte für neue Projekte entwi­ckeln und Test­bal­lons star­ten
  • Stra­te­gien und Geschäfts­ideen entwi­ckeln, die viel­leicht gerade durch das Virus möglich werden (vom Liefer­ser­vice bis zur Online-Bera­tung)

Diese Impulse bear­bei­ten wir auch in unse­ren Program­men für Führungs­kräfte, die wir in vielen Unter­neh­men durch­füh­ren. Nähere Infor­ma­tio­nen finden Sie hier. Wir bieten aber auch ein offe­nes Führungs­kräf­te­ent­wick­lungs­pro­gramm an, bei dem sich indi­vi­du­elle Führungs­kräfte aus allen Sekto­ren anmel­den können. Der nächste Durch­gang star­tet im August. Weitere Infor­ma­tio­nen dazu finden Sie hier.

Und ganz abge­se­hen davon: Viel­leicht können Sie einfach weni­ger tun und die geschenkte Zeit alleine oder mit Ihren Lieben genie­ßen? In diesem Sinne: Blei­ben Sie gesund, kommen Sie gut durch die Tage und machen Sie was draus!

Lassen Sie uns gern wissen: Welche Fragen beschäf­ti­gen Sie gerade rund um das Thema virtu­elle Team­ar­beit und Home Office? Wir freuen uns auf Ihre Kommen­tare und E‑Mails!

Sie möch­ten weitere Tipps für das Orga­ni­sie­ren von remote work und virtu­el­len Meetings? Dann haben wir hier ein paar Empfeh­lun­gen zum Weiter­le­sen:

Autor*innen: Dési­rée Böse­mül­ler & Albert Eckert