Kann man Orga­ni­sa­tio­nen lesen?

19. Dezember 2019 von Anna Schulte

Orga­ni­sa­tio­nen sind komplex. Analog zu einem gut lesba­ren Sach­buch mit Inhalts­ver­zeich­nis, Kapi­teln und Dossier haben zwar auch Orga­ni­sa­tio­nen Orga­ni­gramme, Prozess­be­schrei­bun­gen und Unter­neh­mens­bro­schü­ren. Und dennoch funk­tio­niert das nicht so einfach mit der „Orga­ni­sa­ti­ons­lek­türe“, oder? Denn irgend­wie ist immer was ande­res drin als drauf steht. Gute Vorha­ben laufen ins Leere, Prozess­vor­ga­ben werden igno­riert, reale Macht liegt oftmals andern­orts als oben … Zu erken­nen, wie es „eigent­lich“ läuft, kann eine enorme Quelle von Zufrie­den­heit, Effi­zi­ent und Unter­neh­mens­er­folg sein. Sich dazu ab und zu als Orga­ni­sa­tion einen Spie­gel vorzu­hal­ten und von außen beschrei­ben zu lassen, was innen kaum selbst erkenn­bar ist, birgt deshalb häufig erheb­li­chen Mehr­wert. Und ist weit weni­ger aufwen­dig als vermut­bar.

Foto von unserem Büro indem alle Teilnehmer der OE Ausbildung in einem Stuhlkreis sitzen und Vorne ist der Trainer zu sehen

Die Teil­neh­men­den unse­rer zwei­jäh­ri­gen Ausbil­dung „Bera­tung & Orga­ni­sa­ti­ons­ent­wick­lung“ bieten einen Orga­ni­sa­ti­ons-Checkup an nur einem Tag. Im Novem­ber besuch­ten die ange­hen­den Berater*innen im vorletz­ten Ausbil­dungs­mo­dul Berli­ner Orga­ni­sa­tio­nen. Nach Vorab-Diagnose der Außen­dar­stel­lung und inter­ner Doku­mente, beob­ach­te­ten sie vier bis sechs Stun­den lang Abläufe, führ­ten Inter­views und/oder mode­rier­ten kleine Work­shops. Die Leit­frage dabei ist simpel: „Was ist hier los?“. Im Auftrag der Leitungs­ebene, die im Vorlauf bestimmte Anlie­gen formu­lie­ren konnte – z.B. interne Kommu­ni­ka­tion, Zusam­men­ar­beit, Prozesse, Iden­ti­fi­ka­tion der Mitar­bei­ten­den – nahmen die Berater*innen vor allem unge­fil­tert und über viel­fäl­tige Kanäle Infor­ma­tio­nen auf. Diese wurden anschlie­ßend aufbe­rei­tet und einen Tag später ans Manage­ment oder Gesamt­team zurück gespie­gelt.

Einmal in den Spie­gel schauen

Foto einer Karikatur von zwei Personen, eine Person befindet sich in einem Haus, die andere Person befindet sich draußen

Orga­ni­sa­ti­ons-Diagno­sen schauen beides an: Orga­ni­gramme und Prozesse – aber auch die Tram­pel­pfade neben den offi­zi­el­len Prozes­sen, die infor­mel­len Struk­tu­ren neben den forma­li­sier­ten. Warum? Und was hilft Ihnen das?

Orga­ni­sa­ti­ons-Diagno­sen geben Gestalter*innen von Orga­ni­sa­tio­nen die seltene Chance, Einschät­zun­gen von Bera­ten­den zu bekom­men, die nicht an einen vorde­fi­nier­ten Bera­tungs­auf­trag gekop­pelt sind. Dem Bera­tungs­team geht es nicht darum, eine Leis­tung zu verkau­fen. Viel­mehr versu­chen sie, möglichst breit wahr­zu­neh­men und Perspek­tiv­viel­falt zu erhö­hen. Damit brechen sie einge­fah­rene Inter­pre­ta­ti­ons­mus­ter und schär­fen so den Blick für die Stär­ken, Poten­tiale aber auch Verbes­se­rungs­be­darfe einer Orga­ni­sa­tion.

Letzt­lich ist es ein wenig so, als würde das tägli­che Spie­gel­bild einfach mal von jeman­dem ange­schaut. Das, was lang­wei­lig erscheint, kann als „erprobt und bewährt“ gele­sen werden – das was „inno­va­tiv“ scheint, kann als „fordernd und Unsi­cher­heit stif­tend“ inter­pre­tiert werden – da wo schein­bar „Prozesse unter­wan­dert“ werden, kann „neue Effi­zi­enz“ erkannt werden.

Hypo­the­sen als Ange­bot

Foto von einer Flip Chart auf der alle Ergebnisse gesammelt wurden

Am Ende des Orga­ni­sa­ti­ons-Check-ups steht eine circa zwei­stün­dige Rück­spie­ge­lung ins Kunden­sys­tem, in der die Berater*innen Hypo­the­sen zur Verfü­gung stel­len. Hypo­the­sen sagen nicht „so ist es“, sondern viel­mehr „so könnte es sein“. Denn „Nein“ – natür­lich können wir Orga­ni­sa­tio­nen nicht lesen wie ein Buch. Auch wir nehmen nur Moment­auf­nah­men wahr. Aber ja, wir inter­pre­tie­ren als Berater*innen die wahr­ge­nom­mene Wirk­lich­keit – ähnlich wie wir Texte inter­pre­tie­ren, wobei es unter­schied­li­che Inter­pre­ta­tio­nen geben kann. Und das ist dann auch wieder das Schöne daran. Denn Hypo­the­sen erhö­hen die Lösungs­kom­pe­tenz des Kunden­sys­tems. Und was die Kund*innen damit machen, liegt ja komplett bei ihnen. Keine Verkaufs­ver­an­stal­tung. Es ist wie mit einem guten Feed­back – ein Geschenk. Was ich damit mache, liegt bei mir.

Auch in diesem Jahr waren die teil­neh­men­den Orga­ni­sa­tio­nen über­rascht von der Wirkung dieser verhält­nis­mä­ßig klei­nen Inter­ven­tion.

“Ich möchte mich unbe­dingt für die wunder­bare Zusam­men­ar­beit gestern & heute bedan­ken! Wir hätten alle nicht gedacht, dass es uns so ein gutes Stück weiter brin­gen kann. Jetzt freuen wir uns auf die nächs­ten Schritte.” (Ana Licht­wer, Proku­ris­tin, Komm & Sieh gGmbH nach einer Orga­ni­sa­ti­ons­dia­gnose)

Wenn Sie mehr erfah­ren möch­ten, über unsere Ausbil­dung „Bera­tung & Orga­ni­sa­ti­ons­ent­wick­lung“: Im März 2020 beginnt der nächste Jahr­gang.

Orga­ni­sa­ti­ons-Check­ups gehö­ren natür­lich auch zum festen Ange­bot der denk­mo­dell GmbH. Falls wir Ihr Inter­esse geweckt haben – einfach anru­fen oder eine Mail schrei­ben und kosten­freies Infor­ma­ti­ons­ge­spräch mit eine*m Berater*in erfra­gen.

Wir freuen uns darauf.