Flexi­ble Räum­lich­kei­ten bzw. Crea­ti­ves Spaces – das oft verges­sene Kern­ele­ment beim Design Thin­king

11. August 2016 von Desiree Bösemüller

In frühe­ren Blog­bei­trä­gen haben wir uns bereits mit verschie­de­nen Inno­va­ti­ons­me­tho­den und insbe­son­dere mit Design Thin­king beschäf­tigt. Wann immer in Work­shop-Forma­ten oder Bera­tungs­pro­zes­sen Design-Thin­king ange­wen­det wird, bleibt eines der eigent­li­chen Kern­ele­mente oft unbe­ach­tet: Die flexi­ble Räum­lich­keit.

Warum eigent­lich? Studien* zeigen, dass es nicht ausreicht, allein Mitarbeiter*innen zu krea­ti­vem Arbei­ten zu animie­ren und dann auf ebenso krea­tive Lösun­gen zu hoffen. Damit es gelingt, müssen Mitarbeiter*innen in einer Umge­bung sein, die ihre Krea­ti­vi­tät fördert und fordert – und dazu gehört vor allem auch die flexi­ble Räum­lich­keit.

Doch was heißt das konkret, flexi­ble Räum­lich­keit? Zunächst einmal gilt es ein paar gene­relle Aspekte in Bezug auf die Räum­lich­keit bei krea­ti­ven Prozes­sen, wie auch beim Design Thin­king, zu beach­ten. Zunächst sollte für die Zeit des krea­ti­ven Prozes­ses sicher­ge­stellt werden, dass der Raum den Team­mit­glie­dern „gehört“ – d.h., Post-Its und Visua­li­sie­run­gen, Gestal­tungs­ma­te­ria­lien und Proto­ty­pen werden nicht zwischen­durch „wegge­schmis­sen“. Außer­dem sollte der Raum dazu einla­den, indi­vi­du­ell und nach Gusto des Teams gestal­tet zu werden. Nichts ist durch­de­signt! Alles lädt zum Weiter­den­ken und –bauen ein. Team­mit­glie­der soll­ten keine Hemmun­gen haben, sich frei zu bewe­gen und Dinge im wahrs­ten Sinne des Wortes „anzu­pa­cken“.

Photo eines denkmodell-Workshops.

Da Design Thin­king auch von der Team­ar­beit lebt, sollte für Platz und Hilfs­mit­tel zum gemein­sa­men Arbei­ten gesorgt sein. Damit sind gemeint: White­boards bzw. Flip­charts oder beschreib­bare Wände, zumin­dest aber Brown­pa­per zum gemein­sa­men Erar­bei­ten von Ideen. Denn im Gegen­satz zu begrenz­ten Compu­ter­bild­schir­men sind Papier und White­boards einfach erwei­ter­bar – gerade bei neuen Ideen und Konzep­ten, deren Trag­weite nicht abseh­bar sind, ein echter Mehr­wert. Tische sowie Stühle soll­ten auch mobil sein, also leicht trans­por­tier- bzw. verstell­bar, Tische rund nicht eckig, Stühle nach Möglich­keit in verschie­de­nen Formen und Vari­an­ten – für die aktive Arbeit, zum Ausru­hen oder für die Konzen­tra­ti­ons­leis­tung – ein bunter Mix von Barho­cker bis Sessel.

Werfen wir einen Blick auf den Design Thin­king Prozess: Was ist in Bezug auf die flexi­ble Räum­lich­keit zu beach­ten?

  1. Verste­hen: Zunächst geht es beim Design Thin­king um ein Verste­hen des Problems – dazu empfiehlt sich einer­seits konzen­trierte, fokus­sierte (Desktop-)Recherche in möglichst ablen­kungs­freien, eher weißen, „kahlen“ Räum­lich­kei­ten oder in biblio­theks­ähn­li­chen Umge­bun­gen (Bücher­re­gale, Wohn­lich­keit ohne stimu­lie­rende Ablen­kun­gen). Ande­rer­seits empfiehlt es sich, in den Austausch mit Menschen zu treten, die ähnli­chen Proble­men wie dem der spezi­fi­schen Design Thin­king Chall­enge gegen­über­ste­hen – dafür braucht es Gemein­schafts­be­rei­che, wie z.B. Loun­ges, Kaffee­bars, gemein­same Küchen oder sogar Event­flä­chen.
  2. Lösun­gen entwi­ckeln: Für ein erfolg­rei­ches Brain­stor­ming empfiehlt sich ein möglichst stimu­lie­ren­der Raum – kleine Farb­ef­fekte, wie verwor­rene, bunte Linien an der Wand oder Farb­k­l­ekse in den Tönen orange oder rot werden empfoh­len. Stühle soll­ten eher hoch und ohne Lehne sein – damit der Über­gang in eine stehende und damit akti­viere Posi­tion so gering wie möglich ist. Zudem ist es von Vorteil, stimu­lie­rende Bilder oder Objekte in Sicht­weite zu haben. Hier gilt, wie fast immer: Nicht zu viel des Guten! Ideal wäre auch einfach drau­ßen: ein Garten oder ein nahe­ge­le­ge­ner Wald. Oft berich­ten Menschen: „Wenn ich in der Natur bin, kommen alle Gedan­ken zusam­men und es formt sich ein großes, ganzes Bild“. Da Ideen durch halb­au­to­ma­ti­sche Akti­vi­tä­ten ange­regt werden, empfiehlt es sich auch eine Runde Sport unter den Team­mit­glie­dern oder allein am Abend.
  3. Testen & Ideen­se­lek­tion: Für die Auswer­tung des Test­ings im Team und eine Ideen­aus­wahl empfiehlt sich eben­falls ein abschließ­ba­rer oder abge­grenz­ter Raum. Oft raten wir, auch die Feed­back-Regeln noch einmal visua­li­siert an der Wand anzu­brin­gen.
  4. Itera­tion & Proto­ty­p­ing: Beim Proto­ty­pen­bauen und beim Iterie­ren der ersten Idee stel­len wir oft fest: Menschen schei­tern nicht gern mit ihren Ideen. Geschützte Räum­lich­kei­ten zum ersten „Rumtüf­teln“ an einer Idee sind daher am besten geeig­net, gern mit Sicht­schutz oder sogar abschließ­bar. Der Raum sollte in jedem Fall genug Sicher­heit und Vertrauen bieten, um darin unge­stört arbei­ten zu können.

Und auch die ganz trivia­len Dinge sind oft nicht möglich, aber für produk­ti­ves Arbei­ten uner­läss­lich: die Teil­neh­men­den regeln Fens­ter, Raum­tem­pe­ra­tur (etc.) natür­lich selbst! Dazu gehört auch ein freies, selbst­stän­di­ges Ein- und Ausge­hen der Team­mit­glie­der.

Den eige­nen “Crea­tive Space” bzw. das eigene “Inno­va­tion Lab” entwi­ckeln

Wenn Sie jetzt das Gefühl haben, das schaf­fen wir in unse­ren Räum­lich­kei­ten nie – dann probie­ren Sie erst­mal einzelne Elemente aus, die Ihrem Arbeits­pro­zess etwas Neues hinzu­fü­gen. Wich­tigs­tes Credo: Nichts sollte durch­de­signt sein – entwi­ckeln Sie Ihre Räum­lich­kei­ten schritt­weise und lassen Sie gern die darin arbei­ten­den Teams selbst weiter gestal­ten.

Mehr Infos zu Metho­dik und Ange­bo­ten im Bereich Design Thin­king.

*Cummings, A. Oldham, G.R. (1997) Enhan­cing crea­ti­vity: Mana­ging work contexts for the high poten­tial employee. In: Cali­for­nia Manage­ment Review, 40, pp. 22–38.